Posts Tagged ‘Demokratie’

In Gedanken an Heinz Vettermann

Sonntag, August 29th, 2021 von ulli

Heinz Vettermann lebt nicht mehr. Er ist vor kurzem völlig überraschend gestorben. Wir werden ihn vermissen.

Eben haben wir online beim Netzwerk Achtsame Wirtschaft eine Abschiedsfeier für ihn gemacht.  Die guten Erinnerungen schweben noch im Raum: Seine tiefe Stimme, seine Ruhe, seine Zuverlässigkeit, sein soziales Engagement… Sein Humor, sein Lachen, seine Gelassenheit.

Bei aufregenden Ereignissen war einer seiner Sprüche: „Die Hunde kläffen. Die Karawane zieht weiter.“ Bei einem der Treffen in der ÖBR hat er zu Beginn ein Flipchart präsentiert, auf dem sinngemäss gestanden ist: „Der Ort hier ist der Richtige. Alle, die hier sind, sind die Richtigen. Alles was jetzt passiert, ist das Richtige.“

Lieber Heinz, wir werden dich nicht vergessen.

Hier kannst du einige der Nachrufe lesen. Heinz wird fehlen. Ein Mensch wie er ist nicht ersetzbar.

Nachruf der ÖBR

Nachruf des NAW

Nachruf der SPÖ

 

Buddhist Action Week – ACTION!!

Dienstag, Juni 22nd, 2021 von ulli

Wie du vermutlich weisst, fühle ich mich der ÖBR sehr verbunden.

Diese Woche, vom 21. –  28. Juni 2021  veranstaltet die ÖBR, die Österreichische Buddhistische Religionsgesellschaft, die „Buddhist Action Week„. Sie steht unter dem Motto: Outer Purity & Inner Purity

Auf der Website heisst es dazu:
„Wir wollen mit der österreichweiten Buddhist Action Week 2021 Menschen ermutigen, Maßnahmen zu ergreifen, die der Umwelt, anderen Menschen, unseren lokalen Gemeinschaften und der Gesellschaft zugutekommen.“

Ist das nicht eine feine Sache? Die ganze Woche über gibt es österreichweit spannende Veranstaltungen, Vorträge, Sitz- und Gehmeditationen.

Am besten gefallen mir Aktionen wie die „Wiener Prater Ent-Plastifizierung!“, wo auf den Praterwiesen gemeinsam Müll gesammelt wird und danach bei einem Picknick ein Austausch dazu stattfindet.

Aber sieh selbst, was sich da im Programm alles finden lässt: oebr.at/angebotprogramm/buddhist-action-week-2021

Schuld und Angst, Verantwortung und Autonomie, Würde und Leben

Dienstag, Mai 18th, 2021 von ulli

Hast du eineinhalb Stunden Zeit für ein aktuelles Thema?
Differenzierte respektvolle Auseinandersetzungen zur Corona Pandemie sind wirklich selten zu finden.

„MEHR FREIHEITEN FÜR GEIMPFTE ODER BESCHRÄNKUNGEN FÜR ALLE?“ ist der Titel des von Elisabeth Scharang geführten Interviews im Kreisky Forum. Ich habe es sehr genossen, diesen klugen Frauen zuzuhören.
Es hat mir zu einigem Durchblick und Klarheit verholfen, und das tut gut.
Herzlichen Dank an Ulrike Guérot für diese Erhellung!

Danke Rosemarie für den Tipp!!

Schmerz, der Schmerz heilt

Montag, März 15th, 2021 von ulli

Alle paar Tage kommt ein Newsletter von Soren / Wisdom 2.0. Eigentlich zu viele Newsletter für meinen Geschmack.

Aber dann lese ich doch hinein und meistens lese ich weiter und freue mich an der Weisheit, die hier an Tausende Menschen weltweit vermittelt wird. Danke Soren für dein Engagement und deine Beharrlichkeit.

Schau mal was Soren im heutigen Newsletter schreibt:

„One of my teachers, Stephen Levine, used to say, „There is the pain that causes more pain, and the pain that heals pain.“

The pain that causes more pain is fairly easy to see: when we feel hurt and we let that hurt cause us to lash out at another person. Pain causes more pain. 

The pain that heals pain is when we allow ourselves to feel the reservoir of unacknowledged grief in our lives — all the feelings, disappointments, hurts, that we have not embraced.
This is the pain of opening a tightly held fist. The pain we feel is toward growth. „

Das hat was. Findest du nicht auch?

Dazu passt auch das Zitat von Sorens letztem Newsletter

„When you see the suffering inside yourself, you can see the suffering in the other person, and you can see your part, your responsibility, in creating the suffering in yourself and in the other person.”   — Thích Nhất Hạnh

Wenn du mehr davon hören willst, dann kannst du das hier tun: https://www.wisdom2summit.com/

Sternstunde Philosophie

Donnerstag, März 4th, 2021 von ulli

foto 081Gestern habe ich neben dem Hausputz in ein Interview hineingehört und blieb dabei hängen..

Philipp Blom: Die Natur schlägt zurück

und danach kam gleich das nächste spannende Gespräch, so dass ich gar nicht mit dem Putzen aufhören konnte.

Bas Kast – Die Entscheidungen deines Lebens

Grossartige Synergie kann ich nur sagen. Danach hat alles geblitzt, innen wie aussen.

Legendär auch das Gespräch von 2016 mit

Jon Kabat-Zinn: Achtsamkeit – die neue Glücksformel?

das ich mir schon mehrmals angehört habe.

Diese Sendereihe ist keine Wissensdatenbank, sondern eine „Weisheitssammlung“.

Vielen Dank an das Schweizer Fernsehen!

Was wenn doch…

Dienstag, Januar 5th, 2021 von ulli

Kunst ist wirklich ein Lebensmittel. Eine Freundin hat mir dieses Video geschickt, und es passt gut zu den Visionen und Utopien fürs neue Jahr.

Immer zuversichtlich bleiben, alles andere macht ja keinen Sinn, so ähnlich hat es Sylvia Kolk zum Abschied ihres Kurses gestern formuliert. Solche Lieder sind Zunder für die Zuversicht. Ausserdem geht die Musik direkt ins Herz, und hat Gereimtes sowieso irgendwie magische Qualität .. Für mich jedenfalls…

„Stell dir vor, wir Menschen würden von nun an nur noch Dinge tun, die wir gern tun.. “ so fängt das Lied an.  Am besten schaust du dir das Stück „Das falsche Pferd“ selbst an und erfreust dich an Musik, Reim und Inhalt.

Ich habe zum Künstler Bodo Wartke auf Wikipedia nachgelesen und es gefällt mir gut, was er so alles macht. Unter anderem hat er die „Reimkultur GmbH & Co. KG“ gegründet, ein Unternehmen, das sich der  Gemeinwohl-Ökonomie  verpflichtet.

Ich werde mir beizeiten also noch mehr von diesem Herrn anschauen. Du auch? Hier ist seine Website: www.bodowartke.de

Und wenn ich schon bei Künstlern bin, die Zuversicht verbreiten, dann kann ich hier gleich auch den Kinder- und Jugendbuchautor Philipp Waechter erwähnen, dessen Weihnachtsmotiv mich sowas von fröhlich stimmt jedes Mal, wenn ich es anschaue. Auch wenn Weihnachten schon wieder vorbei ist..

weihnAuch zu diesem Künstler findet sich Bemerkenswertes in Wikipedia. Philip Waechter arbeitet gemeinsam mit sechs anderen freiberuflichen KünstlerInnen im Labor Ateliergemeinschaft, das bereits 1999 in Frankfurt am Main gegründet wurde. Da geht es kreativ zu!! Das sind Menschen, die Dinge tun, die sie gern tun.

Schon beim ersten Durchsehen stösst du auf ein BuchProjekt wie „Ich so, du so – alles super normal“. Dazu heisst es:
„Es ist ein Buch voller Bilder, Comics, Fotos und Geschichten von uns und von anderen, die Mut machen sollen, so zu sein, wie man ist, und andere sein zu lassen, wie sie sind – normal eben und ganz besonders!“

Womit sich der Kreis zu Bodo Wartkes Lied schliesst.

Lasst uns unser Potential und unsere Vielfalt leben!!

Ein anderer kann es noch schöner sagen:

„Der Planet braucht keine “erfolgreichen Menschen” mehr. Der Planet braucht dringend Friedensstifter, Heiler, Erneuerer, Geschichtenerzähler und Liebende aller Arten. Er braucht Menschen, die gut an ihren Plätzen leben. Er braucht Menschen mit Zivilcourage, bereit, sich dafür einzusetzen, um die Welt lebenswert und menschlich zu gestalten. Diese Qualitäten haben wenig mit der Art von Erfolg zu tun, wie er in unserer Kultur verbreitet ist.” – Dalei Lama

Gutes neues Jahr und eine Vision für die Zukunft

Sonntag, Januar 3rd, 2021 von ulli

Visionen schaffen Zukunft. Wie wärs mit einer ganz grossen Vision?

Gutes Leben für alle

Dienstag, Dezember 15th, 2020 von ulli

schmidtkunzIch bin ja eine grosse  Ö1 Hörerin. Nur 3% Reichweite hat der Sender in Österreich, oder soll ich sagen, „grossartige 3%“ Reichweite? Es kommt wie so oft auf die Perspektive an. Das sind sicher eine Menge Menschen, die wie ich regelmässig das ö1 Magazin im Vorhinein auf spannende Themen durchblättern oder auf „7 Tage Ö1“ nach Empfehlungen suchen. Wie schön, dass es dieses Qualitätsradio gibt und Menschen, die es hören wollen!

Über die Empfehlungen bin ich auf das Gespräch von Renata Schmidtkunz mit dem Philosophen Markus Gabriel gekommen. Eine Stunde beste „Geistnahrung“! Es hat mich inspiriert und irgendwie hoffnungsfroh gestimmt, wie Menschen sich über schwierige Dinge auseinandersetzen können, und wo sie Lösungen sehen. Renate Schmidtkunz ist sowieso für mich eine der grössten InterviewerInnen unter der (Medien)Sonne. KeineR interviewt wie sie, blitzgescheit, voll fundiert und auch nicht ohne Humor.

„Es gibt moralische Tatsachen“

ist der Titel der Sendung von letzter Woche, die du leider nicht mehr lange nachhören kannst, aber allein die Info dazu ist schon interessant. „Gutes Leben für alle“ bildete das abschliessende Resumee. Das wertvolle Dazwischen musst du dir schon selbst anhören.
Hier kopiere ich die Literaturliste her, denn eins ist mir klar, davon will ich mehr hören/lesen:

Literatur von Markus Gabriel:
„Neo-Existentialismus“, Verlag Karl Alber, 2020
„Warum es die Welt nicht gibt“, Ullstein, 2013
„Ich ist nicht Gehirn. Philosophie des Geistes für das 21. Jahrhundert“, Ullstein, 2015
„Sinn und Existenz. Eine realistische Ontologie“, Suhrkamp, 2016
„Der Sinn des Denkens“, Ullstein, 2018
„Fiktionen“, Suhrkamp, 2020
„Moralischer Fortschritt in dunklen Zeiten: Universale Werte für das 21. Jahrhundert“, Ullstein, 2020

Hier mehr Info über ihn.

PS: Ein (brisantes) Interview  vom September ist übrigens noch länger online zu finden: „Unsere Demokratie ist in Gefahr“ – Renata Schmidtkunz im Gespräch mit Martin Haditsch, Facharzt für Hygiene und Mikrobiologie, Infektiologie und Tropenmedizin

PS2: Und siehe da, beim Suchen bin ich eben auf ein Interview mit Renate Schmidtkunz als Interviewter gestossen. Das will ich mir auch anhören: Im Blickpunkt, Freies Radio Freistadt. Aber das ist eine andere Geschichte…

„Wir können die Spielregeln ändern“

Montag, November 16th, 2020 von ulli

BuchcoverDiesen Beitrag auf ORF News zu lesen, tut gut.. Schau am besten selbst:

„Wir können die Spielregeln ändern“

Darin heisst es u.a.

„Man hat uns einfach die falschen Geschichten erzählt. Wir wurden alle einer Gehirnwäsche unterzogen. Wir müssen erkennen, dass Fürsorgearbeit eine menschliche Aktivität ist und sowohl Frauen als auch Männer dazu in der Lage sind“

Riane Eisler, diese grosse Denkerin, wurde übrigens in Wien geboren… (Passend dazu liegt die DVD Vienna`s Lost Daughters auf meinem Schreibtisch – ich habe den Film eben aus der Wiener Bücherei ausgeborgt..)

Eislers Buch wurde nun auch auf Deutsch übersetzt: Die verkannten Grundlagen der Ökonomie

Zum Thema fällt mir auch eine Ö1 Sendung von letztem Freitag ein: Die ganze Welt als 100 Seelen Dorf, Wenn du es nicht mehr nachhören kannst, vielleicht magst du das Buch lesen? GLOBO – Eine neue Welt mit 100 Menschen

Ach, würden das bloss alle Kinder in der Schule lernen!

 

Sylvia Kolk

Montag, Oktober 12th, 2020 von ulli

Ich habe hier schon öfter von dieser wunderbaren Meditationslehrerin geschwärmt, einer Frau, der es vortrefflich gelingt, Bewusstseinsarbeit mit politischem Engagement und moderner Didaktik zu verbinden. Da ich die letzten 13 Jahre auf Retreats zu ihr fahre, kann ich die Qualität ihrer Lehre am eigenen Leib – und v.a. am eigenen Geist – voll anerkennen. Danke Sylvia!

Nun gibt es ein neues Interview mit ihr im Buddhismus aktuell:

Interview mit Sylvia Kolk Teil 2.

Schon im Juli gab es Teil 1. Was für eine Freude, dass Sylvias Ansichten verstärkt Verbreitung finden. Sie sind so ungemein wichtig.

Auch ihr Abschied von dem von ihr gegründeten buddhistischen LKW Zentrum ist sorgfältig durchdacht und begleitet:  Hier könnt ihr euch das Video dazu ansehen.  

Die Laudatio finde ich besonders schön.

Wer von euch nun Lust hat, per Livestream bei Sylvias Vortrag am 18.10.2020 um 19.00  im Buddhistischen Stadt-Zentrum dabei zu sein, kann sich gerne noch anmelden. Thema: „Die Nicht-Ich-Lehre im 21. Jahrhundert: Vom Ego zum Öko“.

Ich werde sicher auch dabei sein.

Alles Gute zum Geburtstag!

Montag, Juni 29th, 2020 von ulli

Das ist das letzte Video der Zoom Sessions mit Jon Kabat-Zinn, die zur Zeit der Corona Pandemie über 13 Wochen wochentags gelaufen sind: 66 Abende!!  Was für ein Reichtum. Du kannst hier jederzeit in diese Video Schatzkiste bei Wisdom 2.0 greifen. Ich war öfter dabei und es war wirklich etwas ganz Besonderes. Ganz betroffen gemacht hat mich das erste Mal, als am Ende der Sitzung die Mikros frei geschalten wurden und Hunderte Menschen gleichzeitig in allen Sprachen Danke und Hallo sagten, ein Durcheinander der besonderen Art. Wunderschön.

Jon spricht in diesem letzten Video einige wertvolle Ressourcen an, die ich hier sammeln will:

https://www.mindandlife.org/ bzw. https://www.mindandlife-europe.org/

https://www.centerhealthyminds.org  gegründet von Richard Davidson

https://www.buddhistinquiry.org/

sowie die Bücher:
Rainbow Painting by Tulku Urgyen

Democracy in Chains: The Deep History of the Radical Right’s Stealth Plan for America by Nancy MacLean

The Age of Surveillance Capitalism: The Fight for a Human Future at the New Frontier of Power by Shoshana Zuboff

Auch die wertvollen Bücher von Yuval Noah Harari werden öfter angesprochen.

Es ist die Verbindung von Innerer Arbeit und äusseren kulturellen gesellschaftlichen Bedingungen, die hier hergestellt wird. Das gefällt mir. So fragt Jon Kabat-Zinn inmitten seiner Ausführungen:  „Are you free from hatred, greed and delusion?“

(Wäre Jon Kabat-Zinn in Europa zu Hause, hätte er vermutlich folgende zwei Ressourcen hinzugefügt: Bodhi College und Sylvia Kolks „Umdenkprozesse“. Auch hier werden die Lehren des Buddhismus mit aktuellen gesellschaftlichen Themen verbunden und nutzbar gemacht.)

Bei den frei zugänglichen Online Treffen (die auch über Youtube live verfolgt werden konnten) waren täglich 1000 Teilnehmende aus allen Zeitzonen und Weltgegenden versammelt, die ihre Situation schildern und Fragen stellen konnten. Aus Jons Antworten konnten wir alle viel lernen.

Ein Ende, das ein Neuanfang ist…

Aus der wunderbaren Initiative ist ein Projekt entstanden, die Community Map of Love Website. Sie wurde Jon zu seinem 76. Geburtstag geschenkt. Da heisst es:

What started as a 13-week-retreat built uncountable connections between participants, started individual transformations and keeps unfolding moment by moment.

​Our intent with this website and the Map of Love is to offer a space for the community to facilitate whatever is unfolding. We provide access to the Map of Love, share resources related to the retreat, allow people to connect via the communication platform Slack and get informed about community events.

May this be an anchor and a reminder that our true refuge is in the heart. 

Frankreich zeigt, wie es gehen könnte

Samstag, Juni 27th, 2020 von ulli
 Der Newsletter der Süddeutschen Zeitung hat mich eben richtig zuversichtlich gestimmt…

So könnte es gehen.. Ich würde sofort zusagen, wenn mein Telefon klingelte. Und du?
Was würdest du tun?IMG_2916

 Der Newsletter von Pia Ratzesberger von der Süddeutschen Zeitung in vollem Wortlaut:
Liebe Frau Pastner,

stellen Sie sich einmal vor, in dieser Sekunde würde ihr Telefon klingeln. Sie nähmen den Hörer ab und eine unbekannte Stimme am anderen Ende der Leitung fragte Sie, ob Sie nicht bei einem neuen Gremium mitmachen wollten, das von nun an die Politik beraten solle – Sie und 149 andere Menschen aus Deutschland.

Nehmen wir einmal an, Sie würden Ja sagen. Sie würden die anderen 149 kennenlernen, die von dem Anruf genauso überrascht gewesen wären wie Sie, und gemeinsam würden Sie eine Art vielfach verkleinertes Deutschland abbilden, weil die Menschen am anderen Ende der Leitung bei allem Zufall darauf geachtet hätten, dass alle Generationen und alle Milieus vertreten wären.

Müssten Sie und die anderen 149 Menschen nun, sagen wir mal, konkrete Vorschläge zur Klimapolitik ausarbeiten –  glauben Sie, Ihre Vorschläge würden weiter gehen als die der deutschen Bundespolitik?

Wenn ich hier in meiner Wohnung aus dem Fenster schaue und die Parkplätze sehe, die breiten Autos, die übervollen Müllcontainer, diese eine Baustelle, auf der Arbeiter gerade die Erde ausheben müssen, damit dort irgendwann Besitzer teurer Appartements mit ihren Limousinen in die Tiefgarage kurven können – dann wäre ich nicht allzu optimistisch.

Deshalb hat mich eine Nachricht aus Frankreich diese Woche auch ziemlich überrascht.

Dort nämlich gibt es nun ein solches Gremium, einen Klimarat mit 150 Menschen aus ganz Frankreich, aus allen Regionen, allen Generationen. Dieser Rat hat in der vergangenen Woche seine Vorschläge dazu präsentiert, wie Frankreich innerhalb der nächsten zehn Jahre seine Treibhausgasemissionen um 40 Prozent reduzieren soll – wie gesagt, niemand wurde in den Rat gewählt, weil er sich ohnehin schon für Klimaschutz engagierte oder sich für das Thema interessierte.

Trotzdem gehen die Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger Frankreichs viel weiter, als es die Politik sich bislang traut.

Eine Auswahl der 149 Empfehlungen: Auf Autobahnen soll in Zukunft ein Tempolimit von 110 Kilometern pro Stunde statt 130 Kilometern gelten. In fünf Jahren soll es keine Inlandsflüge mehr geben, keine neuen Flughäfen sollen mehr gebaut werden. Es soll keine Werbung mehr für Produkte geben, die besonders klimaschädlich sind, wie etwa SUVs, keine Fleischgerichte in Kantinen und keine Beleuchtung von Geschäften in der Nacht.

Die Vorschläge reichen von detaillierten Empfehlungen bis hin zu grundlegenden Änderungen der Verfassung: Der Klimaschutz soll in die erste Präambel aufgenommen werden; der Schutz der Umwelt hätte dann den gleichen Status wie der Schutz des Individuums, schreibt Annika Joeres auf Zeit Online, wäre also leichter einzuklagen. Der Rat der Bürgerinnen und Bürger empfiehlt zudem, den Tatbestand des Ökozids, also der Zerstörung der Umwelt, ins französische Strafrecht mit aufzunehmen, auch das würde Prozesse gegen Klimasünder leichter machen.

Die Vorschläge sind erst einmal nur Vorschläge und nicht rechtlich bindend, aber Staatspräsident Emmanuel Macron wird sich sehr wohl mit ihnen auseinandersetzen müssen, da er den Klimarat selbst ins Leben gerufen hat. Der Rat war seine Idee, um dem Populismus der Gilets jaunes, der Gelbwesten, die vor allem im Protest gegen die CO₂-Steuer des Präsidenten zusammenfanden, mehr Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger entgegenzusetzen.

Nun ist direkte Demokratie eine komplizierte Sache, und es gibt genügend gute Gründe, warum wir eine repräsentative Demokratie haben, auch wenn sie in unserer polarisierten Gesellschaft oft unter Druck steht.

Das Experiment aus Frankreich ist umso wichtiger, weil es beweist, dass direkte Elemente innerhalb einer repräsentativen Demokratie manches offenlegen können, was sonst verborgen bliebe – etwa die Tatsache, dass die Bevölkerung im Klimaschutz schon viel weiter ist als ihre politischen Vertreter. Das französische Gremium nimmt seine Verantwortung dabei durchaus ernst: Der Bürgerrat will nämlich nicht alle seiner Vorschläge zur allgemeinen Abstimmung stellen, sondern nur zwei (die Änderung der Verfassung sowie den Tatbestand des Ökozids), weil seine Mitglieder selbst der Meinung sind, dass die anderen Themen zu komplex seien, um ihnen mit einer Abstimmung gerecht zu werden.

Raphaël Glucksmann, ein französischer Aktivist und mittlerweile Politiker im Europaparlament, hat vor zwei Jahren in seinem Buch „Die Politik sind wir“ argumentiert, dass nur, wenn die Menschen wieder über Wahlen hinaus an der Politik teilnähmen, sie wieder zu aktiven Staatsbürgerinnen und Bürgern werden würden: „Um die Folgen des Klimawandels abzumildern, müssen wir unsere Fernbedienung weg- und unsere clownesken Gewohnheiten ablegen. Wir müssen Bürger werden. Wir müssen unser komisches Verhältnis zur Welt hinter uns lassen, das auf der Idee basiert, jedes Problem sei letztlich ein Missverständnis.“

Er schreibt dann weiter, dass es dazu natürlich noch viel größerer Veränderungen bedarf als lediglich neuer Gremien, damit alle wieder zu aktiven Bürgerinnen und Bürgern werden können – weil man auch die Ressourcen und die Zeit dafür haben muss. Und da wären wir schon bei der nächsten Debatte, bei der ums Grundeinkommen. Vielleicht könnte auch da ein neuer Rat ganz hilfreich sein.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!
Pia Ratzesberger

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