Über die Liebe – noch einmal Gedanken von Hermann Hesse


Über die Liebe
(Hermann Hesse)

Ohne Persönlichkeit gibt es keine Liebe, keine wirklich tiefe Liebe,
Den Sinn erhält das Leben einzig durch die Liebe. Das heißt: je mehr wir zu lieben und uns hinzugeben fähig sind, desto sinnvoller wird unser Leben.
Glück ist Liebe, nichts anderes. Wer lieben kann, ist glücklich. Ohne Liebe zu sich selbst ist auch die Nächstenliebe unmöglich.

Der Selbsthass ist genau dasselbe und erzeugt am Ende dieselbe grausige Isoliertheit und Verzweiflung wie der grelle Egoismus.
Der Anfang aller Kunst ist die Liebe. Wert und Umfang jeder Kunst werden vor allem durch des Künstlers Fähigkeit zur Liebe bestimmt. Genie ist Liebeskraft, ist Sehnsucht nach Hingabe.

Je weniger ich an unsere Zeit glauben kann,
je mehr ich das Menschentum
verkommen und verdorren zu sehen meine,
desto weniger stelle ich diesem Verfall die Revolution entgegen,
und desto mehr glaube ich an die Magie der Liebe.

In einer Sache schweigen,
über die alles klatscht,
ist schon etwas.
Über Menschen und Einrichtungen
ohne Feindschaft lächeln,
das Minus an Liebe in der Welt
durch ein kleines Plus an Liebe
im kleinen und privaten bekämpfen:
durch vermehrte Treue im Tun
durch grössere Geduld,
durch Verzicht auf manch billige Rache
des Spotts und der Kritik.
Das sind allerlei Wege,
die man gehen kann.

Kein Mensch fühlt im andern eine Schwingung mit,
ohne dass er sie selbst in sich hat.
Die Welt und das Leben zu lieben, auch unter Qualen zu lieben,
jedem Sonnenstrahl dankbar offen stehen
und auch im Leid das Lächeln nicht ganz zu verlernen –
diese Lehre jeder echten Dichtung veraltet nie und ist heute notwendiger und dankenswerter als je.

Fühle mit allem Leid der Welt, aber richte deine Kräfte nicht dorthin, wo du machtlos bist, sondern zum Nächsten, dem du helfen, den du lieben und erfreuen kannst.

Die Welt zu durchschauen, sie zu verachten, mag großer Denker Sache sein.
Mir aber liegt einzig daran, die Welt lieben zu können, sie und mich und alle Wesen mit Liebe und Bewunderung und Ehrfurcht betrachten zu können.

Anmerkung: die Quellen im Netz waren ein bissl verschieden, ich habe die Zeilenumbrüche nach Gutdünken gesetzt, und an einer Stelle hab ich selbst ein Wort verändert. Also kein wissenschaftliches Zitat.

Danke an Gittl, die vor vielen Jahren einen Teil dieser Zeilen zu einem passenden Zeitpunkt per email  herumgeschickt hat. Das Papier ist noch immer in meiner Sammlung…

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