„Is mindfulness making us ill?“

IMG_3110So betitelt ist ein Artikel in „the guardian“ über mögliche Schattenseiten von verordneter Achtsamkeitspraxis in amerikanischen Unternehmen bzw. im sorglosen Umgang mit Handy Apps. Was bei diesen Angeboten oftmals versprochen wird, wirkt nicht bei allen Menschen gleichermassen. Besonders bei psychisch labilen oder traumatisierten Menschen kann Meditation unbeabsichtigte Folgen haben und zu Ängsten und Depressionen führen. Meditation setzt einen einigermassen gesunden Geist voraus. Verordnete Programme in Unternehmen dürften darauf mitunter keine Rücksicht nehmen.

Ein Zitat aus dem Artikel, zeigt wie widersprüchlich mit dem Thema umgegangen wird:

„The whole agenda is so fraught with contradictions, between its economic goals and its supposedly spiritual methods.“

Ich glaube auch, dass das Vermitteln von Achtsamkeit sehr grosser Sorgfalt und guter Betreuung bedarf, und dass Achtsamkeit für Menschen mit psychischen Problemen kein Ersatz für eine Therapie oder Behandlung darstellt. Ein im Artikel zitierter Experte:

“For most people, I think if you’re not suffering from any clinical issues, or illness, or from stress to a degree that you’re somewhat disabled, it’s fine. ..We talk about illness as disability, and disability may arise through sadness, it may arise through emotional disturbance, like anxiety. Then, obviously, it becomes a different ballgame, and it would be good to have a guided practice to take you through it.” This runs counter to the drive towards online mindfulness apps, delivered without supervision, and with little to no adaptation to individual needs or problems.“

Achtsamkeit macht mitunter bestehende Krankheiten sichtbar und ist kein Allheilmittel für alle Probleme. Auf jeden Fall ist die Freiwilligkeit und das persönliche Einverständnis absolut notwendig. Wenn Achtsamkeitskurse in Unternehmen dazu missbraucht werden, strukturelle Versäumnisse auf die individuelle Ebene zu verschieben, dann muss das thematisiert werden. Ich denke allerdings, dass Menschen, die mit Meditation bewusster ihre Bedürfnisse erkennen, das in einem normalen Setting ohnehin tun. Dennoch, es zeigt sich, wie jede hilfreiche Methode destruktiv eingesetzt werden kann. Nach dem Motto: Mit einem guten Messer kann ich schneiden oder Menschen verletzen… Was zählt, ist allein die Absicht. In einem früheren Beitrag habe ich das bereits behandelt.

Achtsamkeit macht – bei richtiger Herangehensweise –  klar und unabhängig, braucht aber im Erlernen bestimmte Rahmenbedingungen, um unterstützend zu sein. Darum finde ich einerseits den (buddhistischen) Kontext von Weisheit und Ethik sehr hilfreich. Andererseits braucht es erfahrene Menschen, die die Achtsamkeitspraxis vermitteln. Fundierte Achtsamkeitspraxis kann nicht in einem 2 WochenKurs erlernt werden.

Darüber hinaus finde ich spannend, wie stark mindfulness in den USA mittlerweile verbreitet ist. Von einem solchen Ausmass kann in unseren Breitengraden noch lange nicht die Rede sein.  Auch wenn mir persönlich die Tendenz des Artikels ein wenig dramatisiert erscheint, sollten die Kernaussagen nicht überhört werden. Wir können ja auch von den Fehlern anderer lernen. bevor es bei uns Anlass dafür gibt  🙂

 

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