Gesammelte Erfahrungen zu Meditation und Achtsamkeit

Vor kurzem bin ich sehr nett mit Ingrid zusammengesessen. Unter anderem haben wir das Thema Achtsamkeit angesprochen, und ich wollte ihr ein paar Buchtipps schicken. Aus diesem Vorhaben ist folgende Zusammenfassung entstanden.

Ich habe in diesem Blog ja schon einiges zu Achtsamkeit zusammengetragen (du kannst sie in einer eigenen Kategorie zusammengefasst finden). Was aber ist davon für „Neulinge“ interessant? Wie einsteigen in so ein grosses Thema?

Zum ersten kommt eine an Jon Kabat-Zinn und der von ihm vor 30 Jahren entwickelten MBSR (Mindfulness Based Stress Reduction) nicht vorbei. Seine Bücherliste ist lang und seine Bücher lesen sich ganz wunderbar. Zum Hineinschnuppern ins Thema wäre folgender Band gut geeignet: Im Alltag Ruhe finden

Jon kommt übrigens nächsten Juni zu einer grossen Tagung nach Wien, initiiert vom deutschen Arbor Verlag, auf dessen Website es auch ungemein spannende Artikel, Buchbeispiele und Links zu Jons Arbeit zu finden gibt.

Die Methode hat ihren Siegeszug in Medizin und Therapie in den USA (vgl dazu das hier zitierte Video), aber auch in Europa bereits angetreten und ist schon ziemlich „trendy“. Eine grossartige MBSR Lehrerin in Wien ist Andrea Huber  – bei ihr habe ich schon einen sehr guten Kurs besucht und über meine Erfahrungen geschrieben – und auch Ilse Petriceks MBSR Kurse habe ich in diesem Blog schon empfohlen.

Zum Lesen ein Genuss ist das grundlegende Buch zur Praxis der Achtsamkeit von Gunaratana, von dem ich hier schon eine Besprechung geliefert habe.

Das Achtsamkeitsbuch von Halko Weiss, Michael Harrer und Thomas Dietz fasst zusammen, „wie das Konzept der Achtsamkeit unsere moderne Welt erobert“.  Michael Harrer hat eine beeindruckende Website zum Thema Achtsamkeit gestaltet: http://www.achtsamleben.at/

Was ein Retreat ist und wie ich es erlebe, habe ich bereits im Sommer ausführlich beschrieben. Hier ein paar Websites zu wirklich guten LehrerInnen, bei denen ich solche Retreats besucht habe:

Sylvia Kolk, meine „Lieblingslehrerin“ hat Philosophie studiert, kommt aus der feministischen Erwachsenenbildung und hat u.a. eine Clownausbildung… Sie lehrt auf Augenhöhe und ist ungemein authentisch, weise und humorvoll. Mit ihrer Stadtpraxis geht sie völlig neue Wege, Praxis und Alltag zu verbinden. Ihre Vorträge (auch auf CD erhältlich) sind ein Genuss und es kommt nicht selten vor, dass die ZuhörerInnen sich vor lauter Lachen nicht mehr einfangen – Lachen über ihre eigenen Schwächen wohlgemerkt. Es gibt auch ein sehr gutes Buch von Sylvia, das mir ungemein wichtig ist: „Segeln im Sturm„. Leider musst du weit fahren, um sie persönlich zu erleben, und zwar in die Gegend von Hamburg:  http://www.sylvia-kolk.de/.

Marie Mannschatz ist eine ungewöhnlich gute Autorin, ihre Bücher – viele davon im GU Verlag – sind einfach, klar und erhellend. Etliche mit ÜbungsCDs und praktikablen Übungsbeispielen. Ich lese eben ihr neuestes Buch zum Umgang mit Emotionen, sehr empfehlenswert.

Marie ist Schülerin des berühmten Jack Kornfield (auch er hat ganz grossartige und wunderbar zu lesende Bücher zur buddhistischen Psychologie verfasst), sie macht Retreats in den USA, in Deutschland und kommt ein bis zweimal im Jahr auch nach Österreich. Ihre Website ist sehr informativ: http://www.mariemannschatz.de/

Falls du einmal ein Retreat versuchen willst, dann ist es von Wien ins BZ nach Scheibbs nicht weit. Dort im Programm wirst du u.a. den Namen von Christoph Köck finden. Bei Christoph habe ich vor vielen Jahren den Einführungskurs in Meditation gemacht. Eigentlich wollte ich damals bloss etwas Entspannungstechnik zum beruflichen Ausgleich lernen… Gefunden  habe ich eine grundlegende neue Lebenssicht und eine ungemein hilfreiche Lebensorientierung. Christophs pragmatischer, konkreter und leidenschaftlicher Vortragsstil hat mich in den letzten Jahren viele Stunden lang hingerissen, seine Retreats ungemein aufgeweckt. Meine Dankbarkeit wird ihn ewig verfolgen, v.a. dafür, dass er mir den Weg zum Buddhistischen auf diese alltagstaugliche und „unreligiöse“ Art aufgetan hat. Ich glaube, jedeR andere Vortragende hätte mich damals zu Beginn eher abgeschreckt. Christoph hat keine eigene Website, aber du kannst seine Seminartermine im Programm der Theravada Schule Wien finden. Ausserdem ist er im MBSR Verband Austria engagiert, und wird auf dessen Website als Lehrer vorgestellt.

Nach den ersten Jahren habe ich mich dann auf die Suche nach dem Weiblichen gemacht, weil mir das (vorwiegende) Reden in männlicher Sprache über Männer und Mönche manchmal schon auch zu viel wurde. Ich habe fast alle Bücher von Ayya Khema  gelesen. Ayya Khema war eine deutsche Nonne, die in Bayern den Jhana Verlag gegründet hat und sehr kompromisslos, klar und gut verständlich schrieb und  lehrte. Ich liebe es, Ihre Vorträge beim Frühstück zu hören!  Ihre Autobiografie („Ich schenke euch mein Leben“)  ist zutiefst beeindruckend, und es tut mir wirklich sehr leid, sie niemals persönlich kennengelernt zu haben. Was für eine Frau!

Ayya Khema war allerdings keine Feministin – in dieser Richtung wurde ich erst bei Sylvia Wetzel fündig. Ihr Buch „Das Herz des Lotos – Frauen und Buddhismus“ im Fischer Verlag  fasste alles für mich Wissenswerte gut zusammen, und Sylvias intellektueller und menschlich-kräftig-fröhlicher Zugang gefällt mir sehr.  Allerdings – und das hat rein subjektive Gründe – fühle ich mich in der Theravada Tradition mehr daheim als im tibetischen Buddhismus, dem Sylvia Wetzel zugehört. Über Sylvia Wetzel kam ich zu Sylvia Kolk, von der weiter oben schon die Rede war. Da bin ich wirklich bestens aufgehoben.

Ich gehe aber hin und wieder gerne zu den tibetisch-buddhistischen „KollegInnen“ auf Kurzbesuch. Besonders empfehlen kann ich das FPMT Zentrum in Wien 9,  Servitengasse, das immer wieder sehr gute ReferentInnen einlädt. Dort ist neben Anja Rita, Birgit Schweiberer oder auch  Kathleen McDonald auch Stephan (Pende)Wormland regelmässig zu Gast, dessen Zugang ich sehr inspirierend finde und dessen innovativen Blog ich hier schon mehrmals empfohlen habe.

Auch manche Zen-Bücher, wie die von Shunryu Suzuki fand ich sehr faszinierend. Von ihm habe ich den Satz „Was nicht paradox ist, ist nicht wahr“… Was ganz gut passt für ev. Widerreden auf  einen anderen weisen Spruch: „Alle Konzepte sind falsch.“
Wenn wir schon bei weisen Sprüchen sind, fällt mir noch ein:

„Wir sind, was wir denken.
Alles was wir sind,
entsteht mit unseren Gedanken.
Mit unseren Gedanken erschaffen wir die Welt…“ (Dhammapada)

Ich habe meterweise buddhistische Bücher gelesen. Bei manchen habe ich Tränen geweint, weil sie mich so berührt haben. Und ich kann die gleichen Inhalte immer und immer wieder in Abwandlungen hören und lesen. Schliesslich geht es bei der Praxis in erster Linie ums Erinnern. Davon gibt es nie genug.

Um nur einige AutorInnen zu nennen, die mir gut gefallen haben: Pema Chödrön, Gregory Kramer, Sharon Salzberg, Joseph Goldstein, Ajahn Brahm oder  Thích Nhất Hạnh. Ayya Khema, Marie Mannschatz, Sylvia Kolk, Sylvia Wetzel, Jack Kornfield  habe ich ja schon genannt. In jüngster Zeit lese ich auch Texte von Ajahn Thanissaro oder höre Vorträge von Ajahn Sumeddho. Aber das ist schon „härterer Stoff“ für Fortgeschrittene 🙂

Für Probierwillige und Experimentierfreudige: Wie wärs mit einem Achtsamkeitswecker? Der dich immer wieder zurückholt in die Gegenwart und dich erinnert ans DaSein.
Entweder die Version für den PC, oder als App für dein Smart Phone: Meditation Support Timer.

Wenn eineR nicht so gern lesen mag: Mittlerweile gibt es auch sehr viele spannende Vorträge im Internet zu Meditation und Achtsamkeit, v.a. auf Englisch: 

Hier einige Talk-Sammlungen (da bin ich selbst noch nicht durch):
http://www.dharmaseed.org/
http://forestsanghapublications.org/downloadListen.php
http://dhammatalks.org/

Einge amerikanische Meditationslehrer bieten nun auch schon You Tube Videos und Begleitung für Mikroretreats daheim an, so z.B. Shinzen Young. Was ich davon gehört und gesehen habe, klang nicht schlecht, obgleich es schon eigenartig wirkt, wie Meditation über  die neuen Medien vermittelt wird. Doch, warum nicht?

Am besten wird sein, du machst dir selbst ein Bild.
Das ist das, was mir am Buddhistischen so gut gefällt. Da heisst es:  Du sollst nichts glauben, was dir jemand sagt, keinem Guru, keinen Büchern, keinen Ritualen, sondern selber überprüfen, was von dem Gesagten für dich stimmt und was nicht. 
Nur Du kannst es herausfinden. Und niemand kann es für dich tun.
Und das kann ich aus voller Erfahrung bestätigen.

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